30.04.2020: Landkrank

Seit einer Woche sind wir zurück von unserer langen Seereise und sind „landkrank“. Nein, nicht weil der Boden wankt, sondern die Welt, wie wir sie kannten. Wir wussten zwar aus den Schlagzeilen um den Lockdown – ihn zu erleben, ist aber eine andere Sache. Als Coronagreenhorns tappen wir von Fettnapf zu Fettnapf. Aber lest selber – Landkrank.

Rarotonga

Früher sprach man vom Matrosengang, wenn diese nach langen Wochen und Monaten endlich Land betraten. Breitbeinig suchten sie Halt auf dem schwankenden Boden – auch wenn dieser nun fest war – für sie schien er immer noch zu schwanken. Landratten ergeht es so, wenn sie auf einem Schiff sind – nur ist dort das Schwanken real. Seekrankheit ist nicht umsonst gefürchtet. Landkrankheit kennt dagegen kaum jemand. Übelkeit auslösen können aber nicht nur schwankende Böden – egal ob real oder eingebildet.

Wir wussten, dass wir in eine andere Welt zurückkommen, als die, die wir im Januar verlassen haben. Selbst in den fernen Weltmeeren blieb uns Covid-19 und der Lockdown nicht verborgen. Wir hatten auch genügend Zeit uns mental darauf vorzubereiten. Zu meiner grossen Überraschung war die Realität – also das Alltagsleben – zumindest hier auf dem Dorf, nicht so gespenstisch wie befürchtet. Die neuen Regeln des Zusammenlebens sind einfach und schnell gelernt. Abstand halten ist zwar komisch, aber auch kein Beinbruch. Ein Schwatz über die Gartenhecke und ein gemeinsamer Spaziergang ums Dorf können wir immer noch geniessen. Und das Desinfizieren vor dem Betreten eines öffentlichen Raums haben wir ja gelernt. Jetzt nicht mehr vor dem Buffet, dafür vor der Migros.

Man könnte also denken: Alles ok – alles halb so schlimm. Leider habe ich mich einmal mehr getäuscht. Nein, nicht dass jede/r anders mit der Situation umgeht – das liegt in der Natur der Sache – sondern der Rückfall ins tiefste Mittelalter. Man könnte fast meinen man wäre im Venedig des 14ten Jahrhunderts und die Pest in der Stadt. Es ist als wären sieben Jahrhunderte einfach so verschwunden – ausgelöscht – getilt! Der einzige Unterschied – die Pest hat einen anderen Namen, sie heisst jetzt Corona.

Corona ist ja bestenfalls eine leichte Grippe – gibt es gar nicht- ist eine Erfindung von (wahlweise WHO, Chinesen, Bill Gates) – eine Strafe Gottes – bis zu – die Alten sterben so oder so – das hilft die AHV zu sanieren – sperrt die Alten weg – oder – zeig mir mal einen der an Corona verstarbder Staat schafft die Demokratie ab, will uns alle nur überwachen und errichtet eine Diktatur, ist alles zu finden. In den Sozialen Medien, erschreckenderweise aber auch bei Bekannten. Selbst Anti-Corona-Lockdown Demonstrationen fehlen nicht – in Amerika sogar bewaffnet – unterstützt vom Gejaule der wirtschafts-liberalen Parteien. Derweilen warnen die Experten vor einer zweiten Welle. Fehlen eigentlich nur noch jene die sich selber geisseln oder „Judenviertel“ stürmen ….. Aber Halt! Auch das gibt es. Statt sich zu geisseln, futtiert man sich um Abstandsregeln und anstelle der Juden sind wahlweise „die“ Ausländer, Chinesen oder die „Experten“ schuld. Mittelalter im 21ten Jahrhundert. 700 Hundert Jahre weg, aus und vergessen.

Ich reibe mir die Augen und wähne mich im falschen Film. Anfangs hatte ich noch den naiven Glauben, aufklären und diskutieren würde etwa ändern – musste aber schnell die Segel streichen. Im Gegenteil! Resistent gegen jegliche Vernunft und wissenschaftliche Erkenntnisse und überzeugt es besser als alle Virologen und Epidemologen dieser Welt zu wissen, werden Fakten uminterpretiert, als Fake-News verschrien oder jegliche Massnahme der Regierung als persönlichen Angriff auf die individuelle Freiheit, mit dunklen Absichten, interpretiert. Onkel Donalds Krieg gegen die Zivilisation trägt auch bei uns Früchte. Es ist zum Fürchten!

Der Boden unter unseren Füssen schwankt. Es ist Zeit für einen Landgang.

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